Wie Home-Office UND Familie vereinbar werden

Viele Menschen berichten mir in den letzten Wochen, wie sie ihren Alltag im Homeoffice meistern. Das Wort „meistern“ ist an dieser Stelle bewusst gewählt – es trifft genau auf die vielfältigen Tätigkeiten zu, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer derzeit zu Hause zu bewältigen haben: Zwischen Telefonkonferenzen, Präsentationserstellung und Emails muss die Familie versorgt, die Kinder betreut und der Haussegen zurechtgerückt werden. Eine schier unerfüllbare Aufgabe – das will ich an dieser Stelle auch klar herausstellen – die zwar optimiert, aber nicht ganz vermieden werden kann.

Wie sollte das auch gehen: Es ist nicht realistisch, Aufgaben von Kindergärtnern und Lehrern zu übernehmen und parallel noch die gleiche Produktivität und Energie für die Chefin oder den Chef an den Tag zu legen. Doch welche Möglichkeiten gäbe es, diesen Zustand zu verbessern und mehr Produktivität zu erreichen?

Auf diese Frage gibt es nicht die eine Antwort. Kann es allein aus Gründen der individuellen Situationen in den jeweiligen Familien nicht geben: Alleinerziehend, beide im Homeoffice oder nur eine/r von beiden, die Möglichkeit eine alternative Kinderbetreuung in Anspruch zu nehmen, etc. Ich konzentriere mich an dieser Stelle auf eine kleine Sammlung bewährter Vorgehensweisen. Aus unserer Sicht gibt es zwei wesentliche Stellschrauben:

1) Die Anwendung der Basis-Strategie, die sich bei vielfältig zu erfüllenden Aufgaben bewährt hat

2) Eigene Strategien, die leicht abgewandelt oder komplett individualisiert bei einem selbst besonders gut funktionieren

Die Basis-Strategie gibt u.a. wesentliche Antworten auf die notwendige Struktur des Tagesablaufes sowie die Kommunikation. Grundlegendes Element ist hierbei die Vorbereitung des Tagesablaufs. Wann gibt es wichtige Termine, was muss dafür gemacht werden, in welchem Umfeld muss ich diese durchführen. Sind diese Fixpunkte im Tagesablauf klar, geht es darum, sich dafür bewusst Zeiten im Kalender einzuplanen. Muss das Meeting vorbereitet werden? Wenn ja, muss ich dafür einen Kollegen vorab sprechen? Die konsequente und disziplinierte Planung des Tagesablaufes vorab, das gedankliche Durchspielen der notwendigen Tätigkeiten als auch Schätzung, wie viel Zeit ich dafür benötige, ist wesentlich für einen erfolgreichen und produktiven Tag.

„Das ist mit Kindern nicht machbar!“ Doch ist es. Und das sage nicht nur ich, sondern auch die Menschen, mit denen ich bisher gesprochen haben: Mütter und Väter. Es funktioniert natürlich nicht immer und es passieren auch Dinge, die man gar nicht vorhersehen konnte, aber auch damit lässt sich umgehen. Z.B. in dem man sich für die Arbeit zu Hause viel weniger vornimmt, als man es normalerweise (in einer anderen Umgebung) tun würde. Dazu kommen Risikopuffer-Zeiten, die ich mir bewusst in den Kalender schreibe. Sollte ich diese nicht brauchen, habe ich Zeit gewonnen, die ich mit Tätigkeiten füllen kann, die wichtig sind, aber erst später gemacht werden müssten.

Der eigene Plan ist das eine. Die „Magie“ beginnt, wenn er mit dem Umfeld kommuniziert und abgeglichen wird. Wenn man diesen Teil mit allen in der Familie (bedarfsgerecht) durchspricht, werden sich möglicherweise Änderungen ergeben. Die sollten unbedingt auf die Planung anpassen. Die Kommunikation ist entscheidend. Jeder sollte wissen, wann die wirklich wichtigen Zeitpunkte am Tag sind, wo man nicht gestört werden sollte. Hier ist es auch wichtig, sogenannte „Notfallpläne“ aufzustellen: was machen wir, wenn die Kinder gerade unruhig sind, wenn das Essen gekocht oder ein wichtiger Einkauf gemacht werden muss? Regeln festlegen, wer dann, welche Aufgaben übernimmt, kann hier notwendige Ruhe und Ordnung reinbringen. Abwechseln nicht vergessen, wenn beide von zu Hause arbeiten.

Für die ungestörten Zeitpunkte am Tag hat sich auch die Festlegung eines Rückzugsraum bewährt, der nur im Notfall betreten werden darf. Was dieser im Einzelnen ist, bleibt Ihnen überlassen. Suchen Sie sich einen Raum, wo Sie möglichst ungestört sind und bleiben. Sollte diese nicht möglich sein, schaffen Sie ein Arbeitsumfeld, in das Sie sich zumindest teilweise zurückziehen können. Ggf. auch mit einer Ampelvisualisierung, ob Sie gerade ansprechbar sind oder eben nicht. Wenn das ohne weiteres nicht mit Ihren Kindern funktioniert, dann schauen Sie, ob Sie eine Alternative Arbeitsgelegenheit finden: in der aufgeräumten Garage, beim Nachbarn oder zur Not auch im sauberen Keller. Es geht nicht darum, sich in diese Räume den ganzen Tag zurückzuziehen, sondern nur um die wirklich wichtigen Terminblöcke und deren Vorbereitung.

Wer so konzentriert arbeitet, vergisst oft schnell, Pausen einzubauen. Die sind sehr wichtig und tragen zusammen mit einer regelmäßigen Bewegung zwischendurch zu mehr Konzentration und Produktivität bei. Das kann man auch gut mit einem kurzen Spaziergang mit Kindern verbinden. Es reicht manchmal aber auch der Gang zur Kaffeemaschine, ein kurzes Stretching oder einfach eine kurze Ablenkung mit einer anderen Tätigkeit.

Wenn man diese Punkte beherzigt, wird auch die Arbeit im Homeoffice produktiver, erfüllter und vor allem weniger nervenaufreibend. Wenn Sie jetzt merken, dass bestimmte Dinge Wunder wirken und Ihnen noch mehr helfen, Familie und Beruf zu Hause in den Griff zu bekommen, dann experimentieren Sie gern mit eigenen Strategien.

Im Homeoffice fällt der Arbeitsweg schon mal weg. Das spart zwar Zeit, die man länger am Frühstückstisch mit der Familie verbringen kann, führt aber auch dazu, dass Arbeit und Privates sich mehr und mehr mischen. Sie könnten morgens eine Runde um den Block gehen oder mit dem Rad fahren. Wenn Sie dann nach Hause in Ihr Büro kommen, haben Sie einen kleinen Ortswechsel hinter sich, der bei vielen funktioniert. Das Ganze funktioniert auch am Abend für einen entspannten Feierabend. Probieren Sie es einmal aus. Ein kleiner, aber sehr hilfreicher Tipp ist außerdem das aus- und einpacken der Arbeitstasche am Morgen bzw. am Abend. Es signalisiert uns, dass wir zum nächsten Tagespunkt übergehen und kann dabei helfen, konzentriert zu arbeiten oder ausreichend zu entspannen.