Starten wir in 2020 mit dem Warum!

Mit der letzten Ausgabe in diesem Jahr wollen wir einen thematischen Ausblick auf das Jahr 2020 geben. Einerseits wollen wir herausstellen, was sich ändern sollte, andererseits konkrete Lösungsvorschläge geben, wie dies am besten erreicht werden kann.

In unseren bisherigen Ausgaben haben wir an diversen Stellen bereits auf die Wichtigkeit gezielt eingesetzter Mitarbeiterbefähigung durch Schulungen und Trainings sowie aktiver Veränderungsbegleitung hingewiesen. Laut einer bereits mehrfach zitierten Studie wird der Fokus vor allem auf (Fach-)Wissen gelegt. Die Umfrage unter Fachleuten zeigt interessanterweise aber auch, dass ein Großteil der Befragten das Thema Soft Skills wichtig finden. Doch was wird hierzu gezählt? Genauer hingeschaut, umfassen Soft Skills im Kontext der Studie z.B. eine ausgeprägte Kommunikationsfähigkeit, die Fähigkeit in Teams zu arbeiten sowie interkulturelle Kompetenzen.

Das ist aus unserer Sicht ein erster Schritt, aber auch nicht mehr. Und führt zu Alltags-Situationen, die heute vielfach in Systems Engineering Projekten anzutreffen sind: Der Erfolg von Systems Engineering hängt förmlich an einzelnen Rollen, meist einem fähigen Projektleiter oder Teilprojektleitern, die sich die “weichen Faktoren” über Jahre hinweg aufgebaut und angeeignet haben. Für sie gehört das Thema (meist aus Erfahrung) einfach dazu. Deren Bedeutung ist klar, aber auch nicht weiter “institutionalisiert”. Einen Methodenbaukasten o.ä. gibt es für diese weichen Themen meist nicht. Es bleibt also (fast) dem Zufall überlassen, ob dieses Thema von Anfang an richtig bewertet und in der Folge adressiert wird.


Die Einführung von Systems Engineering ist ein Transformationsprojekt. Neben den fachlichen Änderungen und Auswirkungen auf beteiligte Rollen und Verantwortlichkeiten, ändert sich oft die grundsätzliche Zusammenarbeit fundamental. Aus heutigen agilen Projekten ist bekannt, dass ein Team multidisziplinär arbeiten sollte, um den größtmöglichen Nutzen hervorzubringen. Unterschiedliche Sichtweisen und Erfahrungen schaffen den notwendigen Perspektivwechsel, der für eine optimale und oft fachbereichsneutrale Lösung notwendig ist. In konventionellen Systems Engineering Projekten trifft man aber meist auf klassische, gewachsene Organisationsstrukturen. Ein agiles Grundverständnis ist meist (noch) nicht vorhanden. Die in der Agilität propagierte Selbstorganisation und -Verantwortung trifft auf hierarchische Führungsstrukturen. Das Warum hinter einem Projekt wird mit dem Auftrag an eine mehr oder weniger freiwillig gebildete Projektorganisation übergeben – mal ganz abgesehen von der später ausführenden Organisation.

Aus unserer Sicht ist es daher wichtig, genau dort anzusetzen. Nicht erst seit Simon Sinek wissen wir, dass allzu oft zunächst das Was, dann das Wie und erst zuletzt das Warum angesprochen wird. Das zeigt auch die Praxis. Wenn es also um Inspiration, Engagement, Unterstützung, kurzum Sinn geht, ist gerade das Warum der ausschlaggebende Faktor. Es ist am nächsten dran an der Persönlichkeit. Hier wird entschieden, ob wir etwas als sinnvoll/wertvoll erachten oder nicht. Diese Welt ist mit rationalen Gründen, z.B. Prozessverbesserungen und mehr Effektivität, nur schwer zu erschließen und dann auch meist nicht von Dauer.

Und genau dort sollten Systems Engineering Projekte in 2020 u.a. endlich ansetzen. Das Wie ist dann gar nicht mehr so wichtig bzw. entscheidend. Eine Organisation, die das Warum gefunden und verstanden hat, kann aus sich selbst heraus das optimale Wie finden. Natürlich braucht sie für diesen Entdeckungsprozess Hilfe. Und die findet man (meist) nicht bei erfahrenen Systems Engineering Fachleuten, die meist nur das Was oder Wie adressieren.

Die moderne Sozial-Forschung zeigt uns, dass interdisziplinäre Teams mit intrinsischer Motivation, ihrem identifiziertem Warum und Führungsvertrauen entscheidende Vorteile bringen. Gehen wir einen Schritt weiter und akzeptieren, dass dies gerade in Transformationsprojekten wie Systems Engineering den entscheidenden Unterschied machen kann. Dass adäquate Kommunikations- und Organisationsbefähigungsmaßnahmen von Anfang an die richtigen Impulse setzen und eine Mitarbeiterkultur erschaffen können, die sich aktiv mit Veränderungen auseinandersetzt. Dafür braucht es neue Kompetenzen neben dem stets hochbewerteten Fachwissen in 2020!