Das Homeoffice – Eine unerwartete Bewährungsprobe

In diesen Tagen fällt es nicht leicht den Blick von den derzeitigen Ereignissen ab und nach vorne zu richten. Die schlechten Nachrichten aus der ganzen Welt sowie unserem eigenen Land wiegen schwer. Ich fühle mich den Geschehnissen ausgeliefert. Ich bin verunsichert und frage mich, wie unsere Welt wohl aussehen wird, wenn das alles vorbei ist?

Diesen Beitrag möchte ich dennoch nicht ausschließlich dem Corona-Virus oder den derzeit absehbaren positiven Auswirkungen auf die Umwelt widmen. Stattdessen möchte ich mit Ihnen gemeinsam einen Blick auf uns alle werfen. Einen Blick auf uns als Teil von Unternehmens-Organisationen. Auf einen Zeitpunkt, der hoffentlich nicht allzu weit entfernt ist und dennoch anders sein wird, als er zu Beginn dieser weltverändernden Ereignisse gewesen ist.

Bevor wir nach vorn blicken, schauen wir jedoch kurz zurück. Gestern habe ich ein Magazin aus November 2019 aufgeschlagen, das sich mit alternativen Arbeits- und Zusammenarbeitsmodellen beschäftigt. Was vor knapp vier Monaten noch unerreichbar und wie Zukunftsmusik klang, liest sich heute wie ein Tatsachenbericht aus den Tagesabläufen unserer Unternehmen.

Vier Monate, zusammen mit einschneidenden Ereignissen, haben aus dieser Blaupause eine neue Wirklichkeit erschaffen. Eine Wirklichkeit, die bereits einige wenige seit vielen Jahren kennen, aber für die meisten unter uns bisher unvorstellbar war. Zu viele wenn und aber wurden geäußert, warum dies oder jenes nicht von zu Hause aus funktionieren kann. Einige Monate später sind wir gezwungen, darüber nachzudenken. Quasi über Nacht müssen die meisten von uns sich auf eine völlig neue Arbeitsweise einstellen. Auch bei Berufen, die bis dato wenig bis gar keine Berührungspunkte mit Homeoffice oder Teleheimarbeit hatten, wie z.B. Teile von Pflegeberufen oder Behörden.

Unter technischen Gesichtspunkten sind die Hürden für die meisten Unternehmen nicht gerade hoch: zumindest unter den Gesichtspunkten bezahlbarer, leicht bedienbarer Software-Lösungen für die Durchführung von Video- oder Telefon-Konferenzen. Da sind das Vorhandensein und generelle Nutzen von tragbaren Computern bzw. Tablets eine ganz andere Hürde.

Viel spannender und aus Unternehmenssicht herausfordernder ist es, Mitarbeiter in diese neue Zusammenarbeitswelt einzuführen und sie in kürzester Zeit dazu zu bringen, die bisherigen Präsenztätigkeiten nun von zu Hause oder einem anderen Ort aus zu erledigen.

Wie kann diese Aufgabe erfolgreich gelingen? In erster Linie ist es wichtig, die neue Situation so zu gestalten, dass der Mitarbeiter die Zeit erhält, sich an die neuen Umstände zu gewöhnen. Das mag unter anstehenden Deadlines widersprüchlich sein, ist aber sehr wichtig. Lösbar ist das ganze unter anderem mit der genauen Abwägung welche Arbeiten aus dem Homeoffice heraus bearbeitet werden sollen. Fühlt sich der Mitarbeiter sicher genug, kann er weitere, auch besonders wichtige Aufgaben von zu Hause aus erledigen.

Das in den Mitarbeiter gesetzte Vertrauen, diese Aufgaben auch ohne Anwesenheit von Kollegen oder Führungskräften durchzuführen ist eine wesentliche Voraussetzung. Dies kann eine komplett neue Erfahrung für Führungskräfte, aber auch für die Mitarbeiter selbst sein. Die neu gewonnene „Freiheit“ behagt nicht jedem und kann durch Eigenverantwortung positiv gestaltet werden. Ein Vertrauensvorschuss, mit gutem Beispiel voran gehen und mit Nachsicht über manch anfängliche „Stolperer“ zu schauen, ist hierbei wesentlich.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Unterstützung der Mitarbeiter. Jedem fallen sofort die technischen Gesichtspunkte ein. Die setze ich voraus. Was ich meine, ist die Unterstützung im Rahmen von etablierten oder vorgeschlagenen Vorgehensweisen für welche Aufgaben, welche Tools verwendet werden können und sollten, wie man die Arbeit abwechslungsreich von zu Hause aus gestalten kann und welche Möglichkeiten es gibt, über den Tag aufnahme- und arbeitsfähig zu bleiben. Was viele schlicht vergessen, ist die Tatsache, dass die digitale Zusammenarbeit durch fehlende physische Interaktion auch kräftezehrend sein kann.

Dies sind nur einige Punkte, die gerade am Anfang wesentlich sind. Natürlich bedarf es zudem konkrete Ausgestaltung von Vorgehensweisen, Unternehmensrichtlinien und Unterstützung für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Um zu starten bedarf es neben den technischen Voraussetzungen aber relativ wenig. Übung macht den Meister gilt auch in diesem Falle. Jeder wird eine individuelle Produktivitätsschwelle und Affinität für diese relative neue Art des Arbeitens haben bzw. entwickeln.

Probieren wir es einfach aus und lernen wir daraus, was uns diese Form der Zusammenarbeit bringen kann! Unabhängig davon wie lange dieser Ausnahmezustand und die damit verbundenen Einschränkungen gelten werden, bin ich mir sicher, dass das Thema danach einen anderen Stellenwert haben wird.