Bitte mehr Mut – Warum Agilität und Hierarchie sich nicht ausschließen!

Ola Källenius, CEO der Daimler AG, hat kürzlich bekannt gegeben, Abläufe und Führungsstrukturen für die Zukunft neu aufzustellen. Die Herausforderung, die das notwendig macht, ist nichts Geringeres als die Transformation der Autoindustrie hin zur Digitalisierung und zum schrittweisen Umstieg zur CO2-neutralen Mobilität.

Das klingt nach einer Mammut-Aufgabe, auch vor dem Hintergrund, dass diese Themen bereits seit einiger Zeit und (einiger) Anstrengung versucht werden und die Ergebnisse bisher noch recht übersichtlich sind. Zusammen mit der wirtschaftlichen Lage bei Daimler sowie dem notwendigen Umsetzungshorizont wird jedem klar sein, dass der Erfolgsdruck immens hoch ist.

Zusammengefasst: Neue Themen und Technologien, neue Abläufe, kurze Ergebniszyklen bzw. zügige Umsetzung. Und die laut Medienresonanz wahrnehmbare Antwort von Daimler: Weiter wie bisher, aber gestrafft. Natürlich! Und Daimler steht hier stellvertretend für die nahezu gesamte Industrie.

Daimlers Antwort auf die Herausforderungen der Zukunft ist derzeit das Festhalten an Altem und Bewährtem. Das von dem man hofft, dass es die derzeitigen Probleme in den Griff bekommen soll: Zentralisierung! Ein Lösungsbaustein beinhaltet das Zusammenlegen von Vorstandsbereichen unter einer Person, deren Kalender bereits ohnehin prall gefüllt ist. In Zeiten von hoher Produktkomplexität und zügiger Umsetzungsnotwendigkeit nicht unbedingt das Heilmittel eine Organisation schneller zu machen. Im Gegenteil: Sie wird dadurch garantiert langsamer werden, wichtige Entscheidungen werden verschleppt oder von Leuten getroffen, die diese gar nicht treffen können und sollten. Ein Teufelskreis, der auch dazu führen wird, immer den berühmten Schritt zu spät zu sein. Vielleicht hat man aber auch Glück.

Weniger mit Glück zu tun, hätte die mutige Einstellung, gerade jetzt auf zügige Umsetzung, Agilität und Flexibilität zu setzen. Daimler braucht schnelle, pragmatische Lösungen auf die Herausforderungen der Stunde. Nicht zentraler muss alles werden, sondern in vielen Punkten dezentraler. Vor allem was die Operationalisierung betrifft. Vor allem bei Produktentscheidungen. Die Antwort ist also nicht das antiquierte Zusammenfassen von mehreren komplexen Produktlinien unter einer Person, sondern das bewusste Auftrennen. Das heißt nicht, dass jeder sein eigenes, verteuerndes Süppchen kocht, sondern eigenverantwortlich entlang von festgelegten Rahmenbedingungen und Kompetenzen selbständig entwickeln und entscheiden kann. Weniger einschränkend, sondern mehr Freiräume innerhalb klarer Grenzen. Eine agile Projektorganisation parallel zur Hierarchie: Effizient, agil, umsetzungsstark.

Dafür braucht es eine Organisation, die Wertschätzung erfährt, die vertrauensvoll eine Aufgabe übergeben bekommt, die mit Zuversicht, Kompetenz und Motivation die übertragenden Aufgaben meistert. Das wird nicht von allein geschehen, sondern bedarf Unterstützung. Vor allem ein Umdenken an der Spitze für mehr Richtung, viel Kraft und Umsetzungswille in der Mitte und vor allem Zuversicht und Energie auf Arbeitsebene. Das wird am Ende auch Bereiche verschlanken, effizienter trimmen und zu noch schnelleren Entscheidungen führen, die dort getroffen werden, wo die Kompetenzen liegen. Das ist weder einfach noch von heute auf morgen umzusetzen. Aber das wäre mutig, nach vorn gerichtet, innovativ und bei Erfolg ein Wettbewerbsvorteil, an dem nur wenige vorbeikommen. Der Stern würde wieder strahlen und klar das Ziel für alle Wettbewerber vorgeben.